Warum westliche Medien so oft Hamas-Zahlen zitieren – und was das bedeutet
Es ist eine merkwürdige Szene: Nachrichtenmeldungen über Gaza beginnen fast reflexartig mit einer Zahl, geliefert vom „Gesundheitsministerium in Gaza“. Wer genau hinhört, merkt selten, dass es sich nicht um eine neutrale Behörde handelt, sondern um eine Institution, die von der Hamas kontrolliert wird – also von genau jener Terrororganisation, die Israel am 7. Oktober überfallen, tausende Raketen auf zivile Gebiete abgefeuert und in ihrem Programm die Vernichtung des jüdischen Staates festgeschrieben hat.
Warum also zitieren westliche Medien diese Zahlen, oft ohne große Distanz?
Der Mechanismus
- Zugang: Seit Beginn des Krieges ist es für internationale Reporter fast unmöglich, sich frei in Gaza zu bewegen. Sie sind auf lokale Stringer angewiesen oder auf offizielle Stellen. Wer schnelle Zahlen will, hat faktisch nur eine Quelle: das von Hamas kontrollierte Ministerium.
- Institutionelle Praxis: UN-Stellen und NGOs geben diese Zahlen weiter – meist mit Hinweis auf die Quelle und der Bemerkung „nicht unabhängig verifiziert“. Viele Redaktionen übernehmen diese Form, teils ohne den Hinweis deutlich zu machen.
- Track Record: In früheren Konflikten stimmten die Gesamtzahlen in etwa mit späteren UN-Erhebungen überein. Doch bei der Aufschlüsselung – Frauen, Kinder, Kämpfer – gab es massive Differenzen.
- Schnelligkeit vor Sorgfalt: Der Fall des Al-Ahli-Krankenhauses ist berüchtigt. Zuerst meldete das „Ministerium“ Hunderte Tote nach einem israelischen Angriff. Später belegten Bildanalysen und westliche Geheimdienste, dass eine fehlgeleitete Rakete aus Gaza selbst die Explosion verursacht hatte. Viele Medien korrigierten – aber der erste Eindruck blieb.
Die blinden Flecken
Es ist nicht Naivität allein. Viele Redaktionen folgen strengen Sprachregeln: Worte wie „Terrorist“ gelten als wertend und werden nur mit Attribution benutzt („von der EU/USA als Terrororganisation eingestuft“). So entstehen Begriffe wie „Militants“ oder „Kämpfer“ – Begriffe, die in westlichen Ohren wie eine reguläre Armee klingen, nicht wie eine Mörderbande.
Hinzu kommt, dass Journalismus die Verlockung der Zahl liebt. Eine Zahl klingt konkret, messbar, überprüfbar. Sie suggeriert Wahrheit – selbst wenn ihr Fundament wackelig ist.
Das Muster dahinter
Die Hamas weiß genau, dass sie militärisch nicht gewinnen kann. Ihr einziges Schlachtfeld ist die öffentliche Meinung. Jede übertriebene Zahl, jeder dramatische Bericht ist Teil einer psychologischen Strategie: Israel soll nicht durch Waffen gestoppt werden, sondern durch internationalen Druck.
Und westliche Medien? Sie laufen Gefahr, zum Lautsprecher dieser Strategie zu werden, wenn sie die Herkunft der Zahlen nicht klar markieren.
Woran man saubere Berichterstattung erkennt
- Attribution: „…laut dem von Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium in Gaza.“
- Kontrastierung: Israelische Zahlen werden parallel genannt, Unterschiede offengelegt.
- Disclaimer: Seriöse Medien schreiben ausdrücklich „nicht unabhängig überprüfbar“.
- Korrektur: Wer Fehlinformation verbreitet, korrigiert sie sichtbar – wie im Fall Al-Ahli.
Fazit
Zahlen sind nicht neutral, wenn sie aus dem Mund einer Terrororganisation stammen. Wer sie zitiert, muss das kenntlich machen – so, wie man es auch bei ISIS, Al Qaida oder der RAF getan hätte. Alles andere ist fahrlässig.
Israel lebt in einer Realität, in der jede Zahl, jede Geschichte gegen es gewendet werden kann. Es ist höchste Zeit, dass Journalismus dies offenlegt – ohne Angst, ohne falsche Rücksicht.

