1. Ursprung in der UN-Resolution und der internationalen Anerkennung
Nach dem Sechstagekrieg von 1967 besetzte Israel das Westjordanland, den Gazastreifen, Ostjerusalem, die Golanhöhen und den Sinai. Seitdem gelten die von Israel gehaltenen Gebiete nach einhelliger Meinung der UNO (z. B. UN-Resolution 242) als besetzte Gebiete, weil sie nicht zum Staatsgebiet Israels gehören und militärisch kontrolliert werden.
Die UNO unterscheidet klar zwischen:
- Israel im Sinne der Grenzen von 1949/1967
- und den danach militärisch besetzten Gebieten.
2. Genfer Konventionen
Laut der Vierten Genfer Konvention ist es einer Besatzungsmacht untersagt, die eigene Bevölkerung in ein besetztes Gebiet umzusiedeln. Israel hat jedoch – insbesondere seit den 1970er Jahren – gezielt Siedlungen im Westjordanland gebaut und Israelis dort angesiedelt.
Kritiker argumentieren:
- Dies verletze internationales Recht.
- Es handele sich um eine Annexionspolitik in kleinen Schritten.
3. Palästinensische Autonomiegebiete und fehlende Souveränität
Obwohl durch das Oslo-Abkommen in den 1990er Jahren die Palästinensische Autonomiebehörde gegründet wurde, übt Israel in großen Teilen des Westjordanlands (Gebiet C = rund 60 %) weiterhin militärische und zivile Kontrolle aus. Diese Kontrolle wird von Kritikern als klassische „Besatzungsherrschaft“ beschrieben:
- Einschränkungen der Bewegungsfreiheit
- Checkpoints
- Hausabrisse
- Militärpräsenz in zivilen Zonen
4. Internationale Gerichtsbarkeit
Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat 2004 in einem Gutachten festgestellt, dass:
- der Bau der israelischen Sperranlage („Mauer“) im Westjordanland völkerrechtswidrig sei.
- die Siedlungen illegal seien, da sie auf besetztem Gebiet errichtet wurden.
5. Ostjerusalem als Zankapfel
Besonders heftig ist die Kritik an der Annexion Ostjerusalems:
- Israel betrachtet ganz Jerusalem als seine „ungeteilte Hauptstadt“.
- Die internationale Gemeinschaft erkennt dies nicht an.
- Die UNO und die EU sprechen weiter von „besetztem Ostjerusalem“.
🔄 Gegenposition Israels:
Israel bestreitet, dass es sich beim Westjordanland um „besetztes Gebiet“ handelt. Argumente:
- Rechtshistorisch habe es nie einen souveränen palästinensischen Staat gegeben, daher könne es auch kein besetztes Land im Sinne des Völkerrechts sein.
- Das Westjordanland sei umstrittenes, aber nicht fremdes Territorium, das im Rahmen von Verhandlungen aufgeteilt werden müsse.
- Viele Siedlungen seien auf nicht privatem Land errichtet worden.
- Die Oslo-Verträge sähen eine schrittweise Lösung vor – also sei der aktuelle Zustand nicht rechtswidrig, sondern Folge ausstehender Verhandlungen.
Fazit:
Ob „besetzt“ oder „umstritten“ ist eine Frage des Narrativs und der Rechtsauffassung. Die meisten westlichen Staaten folgen der UNO-Definition: besetzt, mit Einschränkung Israels durch internationales Recht. Israel selbst verwendet bevorzugt den Begriff „umstrittene Gebiete“.
Warum viele das Westjordanland als „besetzt“ bezeichnen
- UN-Resolution 242 (1967): fordert Israels Rückzug aus besetzten Gebieten.
- Genfer Konventionen: verbieten den Transfer eigener Bevölkerung in besetzte Gebiete.
- Internationale Gerichtshöfe: erklären Siedlungen und Sperranlage als völkerrechtswidrig.
- Militärische Kontrolle: Israel kontrolliert große Teile (Gebiet C) direkt.
- Ostjerusalem: wird trotz Annexion international weiterhin als „besetzt“ betrachtet.
| Aspekt | Internationale Sicht | Israelische Sicht |
|---|---|---|
| Status des Gebiets | Besetztes Gebiet | Umstrittenes Territorium |
| Siedlungen | Verstoß gegen Völkerrecht | Legal auf nicht-privatem Land |
| Ostjerusalem | Illegal annektiert | Teil der unteilbaren Hauptstadt |
| Rechtsbasis | UN-Resolutionen und Genfer Konventionen | Historische Zugehörigkeit & Oslo-Verträge |
| Lösungsansatz | Zwei-Staaten-Lösung mit Rückzug | Verhandlungen mit Sicherheitsgarantien |

