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Hier ist alsDer Begriff „Palästina“: Herkunft und historische Entwicklung
Ursprung des Namens „Palästina“

Der Name „Palästina“ geht auf die alten Philister zurück, ein Volk, das im 12. Jahrhundert v. Chr. an der Mittelmeerküste im Südwesten der Levante siedelte. In hebräischen Quellen wird ihr Siedlungsgebiet Peleschet genannt, was auf Plšt – den biblischen Philistern – beruhtnunu.at. Der griechische Historiker Herodot verwendete im 5. Jahrhundert v. Chr. bereits den Begriff Syria Palaistinē („palästinisches Syrien“) für die Küstenregion zwischen Phönizien und Ägyptennunu.at. Damit bezeichnete er zunächst vor allem das Gebiet der Philisterstädte im heutigen Gazastreifen und Umland, das er als Teil von „Syrien“ ansahnunu.at.
In den Jahrhunderten danach dehnte sich die geographische Verwendung des Namens aus: Als die Philister im Laufe der Zeit mit den kanaanitischen Bewohnern des Hinterlandes verschmolzen und als eigenständige Volksgruppe verschwanden, übertrug sich die Bezeichnung ihres Landes allmählich auf größere Teile der südlichen Levantede.wikipedia.org.
Dennoch war „Palästina“ vor der Römerzeit kein gebräuchlicher politischer Name für das Judäa betreffende Kernland, insbesondere nicht aus jüdischer Sicht. In der antiken jüdischen Literatur taucht der Begriff kaum auf – die berühmte griechische Bibelübersetzung, die Septuaginta (3. Jh. v. Chr.), benutzt ihn zum Beispiel überhaupt nicht für das Land Israel, sondern spricht vom „Land Kanaan“ oder „Judäa“ gemäß den hebräischen Bezeichnungende. wikipedia.org.
Selbst der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus (1. Jh. n. Chr.) verwendete Palaistinoi („Palästiner“) nur als Bezeichnung für die Philister, nicht für das ganze Landde.wikipedia.org. Für die Römer war bis ins 2. Jh. n. Chr. der offizielle Name der Region ebenfalls „Iudaea“ (Judäa)nunu.at, angelehnt an die Bezeichnung des historischen Judäischen Königreichs. Erst durch einen politischen Akt des römischen Imperiums erhielt die Provinz den Namen Syria Palaestina, woraus sich der heute geläufige Begriff Palästina entwickelte – ein Name, der fortan für das gesamte Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan gebräuchlich wurde.
Jüdisches Land vor der römischen Herrschaft
Die Landstriche des heutigen Palästina waren in der Antike Kerngebiet des biblischen Israel. Nach den Überlieferungen siedelten dort zunächst Kanaaniter, dann zogen die Israeliten ein. Im 1. Jahrtausend v. Chr. bestanden die Königreiche Israel und Judäa, bis das Südreich Judäa 586 v. Chr. von den Babyloniern erobert wurde (das Nordreich Israel war schon 722 v. Chr. den Assyrern zum Opfer gefallen). Nach dem babylonischen Exil kehrten Juden unter persischer Herrschaft zurück und bauten in Jerusalem den Zweiten Tempel (geweiht ca. 516 v. Chr.). In den folgenden Jahrhunderten stand das Land unter wechselnden imperialen Mächten: Persern, dann ab 332 v. Chr. den Griechen (Alexander dem Großen und seinen Nachfolgern). Unter den Seleukiden kam es im 2. Jh. v. Chr. zu einer schweren Religionskrise, als der Seleukidenkönig Antiochos IV. versuchte, Jerusalem zu hellenisieren und den jüdischen Kult zu unterdrücken. Dies löste den Makkabäeraufstand (167–160 v. Chr.) aus, an dessen Ende die jüdischen Rebellen, angeführt von der Familie der Hasmonäer, ihre Unabhängigkeit erkämpften. Es entstand das Hasmonäische Königreich (140–63 v. Chr.), ein von Juden regierter Staat, der zeitweise beträchtliche Gebiete in Judäa, Galiläa, Samarien, Idumäa und Transjordanien kontrollierte. In dieser Phase lebten Juden, Samaritaner, Idumäer und andere Volksgruppen unter einer jüdischen Dynastie, und Jerusalem mit seinem Tempel war das religiöse Zentrum.
Die jüdische Selbstständigkeit währte jedoch nicht lange. Interne Thronstreitigkeiten der Hasmonäer führten zur Schwächung des Reiches, und 63 v. Chr. marschierten die Römer unter Feldherr Pompeius in Jerusalem ein und machten Judäa zum Klientelstaatreligion.orf.at. Fortan bestimmten die Römer die hohe Politik in der Region. Zunächst setzten sie lokale Herrscher als Vasallen ein: So herrschte der idumäischstämmige Herodes der Große (37–4 v. Chr.) als König von Roms Gnaden über Judäareligion.orf.at. Herodes gelang es, das Land zunächst zu befrieden und die Ansprüche Roms mit den Erwartungen der jüdischen Bevölkerung auszubalancieren – jedoch um den Preis eines brutalen Regimes. Er unterdrückte Widerstand mit Geheimpolizei und Gewalt, ließ potenzielle Rivalen (sogar in der eigenen Familie) töten und kontrollierte die Ernennung des Hohepriesters am Jerusalemer Tempel nach Beliebenreligion.orf.at. Zugleich gab er sich als Förderer des Judentums: Er baute den Tempel prachtvoll aus und stilisierte sich propagandistisch als neuer „König David“religion.orf.at. Doch trotz prunkvoller Bauten und einer gewissen Stabilität blieben viele Juden misstrauisch gegenüber Herodes’ Herrschaft. Unter der Oberfläche brodelten messianische Hoffnungen und der Wunsch nach politischer Erlösung; apokalyptische Vorstellungen machten die Runde religion.orf.at.
Viele sahen in der römischen Besatzung und ihren lokalen Marionetten eine Entheiligung des verheißenen Landes – ein Nährboden für künftige Unruhen.
Römische Besatzung und das jüdische Leben zur Zeit Jesu
Nach Herodes’ Tod im Jahr 4 v. Chr. brachen die aufgestauten Spannungen offen ausreligion.orf.at. Es kam sogleich in verschiedenen Landesteilen zu Aufständen. In Galiläa erhob sich ein gewisser Judas (auch bekannt als Judas der Galiläer), der gegen die Nachfolger Herodes’ rebelliertereligion.orf.at. Die Römer reagierten mit Härte und teilten Herodes’ Reich unter seinen Söhnen auf. Doch 6 n. Chr. ging Judäa selbst die letzte Resteigenständigkeit verloren: Kaiser Augustus stellte Judäa unter direkte römische Verwaltung und schickte einen römischen Prokurator als Gouverneurreligion.orf.at. Der syrische Statthalter Quirinius führte in diesem Zuge eine Volkszählung durch, um Steuern effizienter einzutreiben – ein Vorgang, der im Neuen Testament (Lukas 2,1-5) indirekt erwähnt wird. Diese Entwicklung empörte die jüdische Bevölkerung: Die nun fällige Kopfsteuer an den Kaiser galt vielen als Zeichen ihrer Unterwerfung unter heidnische Herrschaftreligion.orf.at. Daraufhin formierte sich verstärkt bewaffneter Widerstand. Judas der Galiläer tat sich mit dem Pharisäer Zadok zusammen, und gemeinsam gründeten sie eine radikale Untergrundbewegung, die als Zeloten (die „Eiferer“) bekannt wurde religion.orf.at. Die Zeloten predigten die Alleinherrschaft Gottes und riefen zum heiligen Kampf gegen Rom und alle kollaborierenden jüdischen Eliten auf religion.orf.at. Ihr Ziel war die gewaltsame Vertreibung der Römer und die Wiederherstellung eines unabhängigen jüdischen Gemeinwesens. Einige von ihnen, die Sikarier („Dolchmänner“), verübten Attentate auf prorömische Juden, indem sie im dichten Gedränge von Festtagspilgern in Jerusalem Attentate mit versteckten Dolchen ausführten religion.orf.at.
Zur selben Zeit existierten andere jüdische Gruppen und religiöse Strömungen, die sehr unterschiedliche Antworten auf die römische Besatzung und die Krise der Zeit gaben. Die satirische Filmkomödie „Das Leben des Brian“ (Monty Python, 1979) parodiert diese zersplitterte politische und religiöse Landschaft zur Zeit Jesu – etwa mit rivalisierenden Widerstandsgruppen wie der „Judäischen Volksfront“ versus der „Volksfront von Judäa“. Tatsächlich gab es im 1. Jh. n. Chr. mehrere einflussreiche Gruppierungen mit teils gegensätzlichen Überzeugungen:
Zeloten: Fanatische Widerstandsgruppe, die den bewaffneten Aufstand gegen Rom propagierte. Sie lehnten die römische Herrschaft radikal ab und schreckten auch vor Terror nicht zurück. In ihrem Kampfbegriff der „Alleinherrschaft Gottes“ lag die Forderung, keinen König außer Gott anzuerkennen – weshalb sie sowohl die Römer als auch kollaborierende jüdische Könige bekämpften religion.orf.at.
Sadduzäer: Diese konservative Priesteraristokratie stellte die Hohepriester und Tempeloberschicht in Jerusalem. Sie besaßen großen Reichtum und Einfluss durch den Tempelbetrieb – etwa die Einnahmen der Pilger und der Zehntabgabenreligion.orf.at. Um ihre Stellung zu wahren, kooperierten die Sadduzäer mit den römischen Besatzern und der eingesetzten Regierung (etwa dem König aus Herodes’ Familie oder später dem römischen Statthalter)religion.orf.at. Zugleich versuchten sie jedoch, das Volk glauben zu machen, alle Missstände gingen allein auf die Römer zurück, um von ihrer eigenen Kollaboration abzulenkenreligion.orf.at. Religiös gesehen lehnten die Sadduzäer einige neuere Glaubensvorstellungen ab (wie die Auferstehung der Toten) und hielten sich nur an die schriftliche Thora. Ihre Machtbasis – der Tempelkult – machte sie jedoch verwundbar: mit der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. verschwanden die Sadduzäer praktisch aus der Geschichte.
Pharisäer: Eine Gruppe von gesetzestreuen Laiengelehrten, die im Volk weit verbreitet und beliebt war. Die Pharisäer strebten eine religiöse Erneuerung des Alltagslebens anreligion.orf.at. Für sie bestand das Heil des jüdischen Volkes darin, die Gebote der Thora möglichst streng im täglichen Leben umzusetzen – nicht nur im Tempel, sondern überall. Sie stellten das Studium der Thora und die mündlichen Überlieferungen auf eine Stufe mit dem Opferdienst im Tempelreligion.orf.at. Durch ihre Nähe zum einfachen Volk und ihre flexiblere Auslegung der Gebote (z. B. gemäß der milderen Schule Hillels) gewannen sie viele Anhänger. Jesus von Nazareth setzte sich in den Evangelien oft kritisch mit den Pharisäern auseinander, gerade weil ihre Lehren im Judentum seiner Zeit so einflussreich waren. Nach der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. waren es die Pharisäer, die das Judentum in veränderter Form weiterführten: Ihre Lehre entwickelte sich zum Rabbinischen Judentum, das ohne Tempel und Opferkult auskamreligion.orf.at. Damit erwiesen sich die Pharisäer als diejenige jüdische Bewegung, die letztlich die Zukunft der Religion sichertereligion.orf.at.
Essener: Eine asketisch-apokalyptische Gemeinschaft, die sich vom Rest der Gesellschaft abgeschottet hatte. Die Essener lebten in klosterähnlichen Siedlungen – berühmtes Beispiel ist Qumran am Toten Meer – und versuchten durch strenge Befolgung der Reinheitsgesetze, sich auf das kommende Reich Gottes vorzubereitenreligion.orf.at. Sie führten ein gemeinschaftliches Leben ohne Privateigentum, teilweise zölibatär, und praktizierten strenge Regeln, bis hin zum temporären Ausschluss bei Verstößenreligion.orf.atreligion.orf.at. Obwohl sie Gewalt ablehnten und nicht aktiv politisch kämpften, warteten sie auf einen Eingriff Gottes, der die Verhältnisse wenden würde. Ihre Schriften – bekannt als die „Dead Sea Scrolls“ (Schriftrollen vom Toten Meer) – zeigen inhaltliche Parallelen zu gewissen Motiven des Urchristentums, was andeutet, dass sie einen gewissen geistigen Einfluss auf ihre Zeit hattenreligion.orf.at.
Neben diesen Gruppen gab es natürlich die breite jüdische Bevölkerung, die unter den Römern zu leiden hatte. Hohe Steuern drückten Bauern und Handwerker; immer wieder kam es zu Missernten und Hungersnöten, was die Verschuldung vergrößerte. Krankheiten und eine hohe Kindersterblichkeit waren Alltagspiegel.de. Die römische Besatzungsmacht zeigte zwar auch positive Seiten – etwa Infrastruktur wie Straßen, Wasserversorgung und eine gewisse Pax Romana („Was haben die Römer je für uns getan?“ fragt spöttisch eine Szene in Das Leben des Brian und zählt genau diese Dinge auf) – doch für die meisten Juden wog die politische und religiöse Unterdrückung schwerer. Propheten und Messias-Anwärter traten auf den Plan und versprachen göttliche Wunder oder Befreiung. Das Auftreten von Jesus von Nazareth ist in diese Zeit einzuordnen: Auch er wirkte um das Jahr 30 n. Chr. in Galiläa und Judäa, predigte das „Reich Gottes“ und zog Anhänger an. Aus römischer Sicht war jeder selbsternannte Messias oder König der Juden potentiell aufrührerisch – so wurde Jesus letztlich von den Römern gekreuzigt, einer Strafe, die vor allem für Aufrührer und Sklaven reserviert war. Historisch belegt ist, dass in den Jahrzehnten nach Jesus weiterhin Unruhe herrschte: Zahlreiche Personen gaben sich als Propheten oder Befreier aus, und die römischen Statthalter betrachteten das Land mit Argwohnreligion.orf.at. Dieses explosive Gemisch aus sozialem Elend, religiösem Eifer und nationalem Unabhängigkeitsstreben führte schließlich zum offenen Krieg.
Jüdische Aufstände und Roms Reaktion
66 n. Chr. brach der lang simmernde Konflikt in einer großen Revolte aus. Im Mai 66 n. Chr. begannen die Zeloten und andere Aufständische in Judäa einen koordinierten Aufstand gegen die Römerde.wikipedia.org. Anfangs hatten die Rebellen beachtliche Erfolge: Sie vertrieben oder töteten die römischen Garnisonen in Jerusalem und anderen Orten und erklärten die römische Herrschaft für beendet. Die römische Antwort ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Kaiser Nero sandte ein großes Expeditionsheer unter General Vespasian und dessen Sohn Titus, um den Aufstand niederzuschlagende.wikipedia.org. In einem blutigen Feldzug eroberten die Römer Stück für Stück Galiläa, Samaria und schließlich Judäa zurückde.wikipedia.org. Im Frühjahr 70 n. Chr. erreichte Titus mit seinen Legionen Jerusalem und belagerte die heilige Stadt. Die jüdischen Verteidiger – untereinander tief zerstritten in verschiedene Fraktionen – konnten der römischen Übermacht nicht dauerhaft standhalten. Im August des Jahres 70 drangen die Römer in Jerusalem ein, verwüsteten die Stadt und brannten den Zweiten Tempel niederde.wikipedia.org. Der Tempelschatz und die heiligen Geräte wurden geraubt und später in Rom in einem Triumphzug zur Schau gestelltde.wikipedia.org. Dieses Ereignis markiert einen tiefen Einschnitt in der jüdischen Geschichte: Mit der Zerstörung des Tempels endete die alte Tempelreligion, das priestergestützte Opferwesen – es begann das Exil ohne eigenen Kultmittelpunkt. Einige fanatische Widerständler hielten noch bis 73 n. Chr. die Festung Masada am Toten Meer, wurden aber schließlich ebenfalls überwältigtde.wikipedia.org. Der Erste Jüdisch-Römische Krieg (66–74 n. Chr.) forderte unzählige Menschenleben; viele jüdische Überlebende wurden versklavt oder zerstreuten sich in alle Winde. Judäa lag verwüstet da. Dennoch blieb ein jüdisches Restleben in der Region bestehen – insbesondere in Galiläa, wohin sich zahlreiche Juden zurückzogen. Dort entstand in den folgenden Jahrzehnten ein neues Zentrum des Judentums (etwa in Tiberias, das zum Sitz des jüdischen Patriarchen wurde)en.wiktionary.org. Die jüdische Religion transformierte sich: Ohne Tempel traten nun Synagogen und rabbinische Gelehrte (Erben der Pharisäer) an die Stelle des Tempeldienstes.
Trotz der Katastrophe von 70 n. Chr. gaben viele Juden die Hoffnung auf Unabhängigkeit nicht auf. In den folgenden sechs Jahrzehnten kam es immer wieder zu Unruhen. Schließlich entluden sich die Spannungen im Jahr 132 n. Chr. erneut in einem großen Aufstand, der als der Bar-Kochba-Aufstand bekannt ist. Auslöser waren offenbar die rigorosen Maßnahmen des Kaisers Hadrian. Hadrian, der 117 n. Chr. den Kaiserthron bestiegen hatte, verfolgte zunächst eine Politik der Konsolidierung und kulturellen Einheit im Reich. In Judäa aber fasste er einen Plan, der für die Juden provokant war: Er wollte Jerusalem in eine römische Kolonie umwandeln und verbot außerdem die Beschneidung – für Juden ein unverzichtbares religiöses Gebotbritannica.com. Diese Entscheidungen empfanden die Juden als massiven Angriff auf ihre Religion und Identität. Als Hadrian um 130 n. Chr. den Bau einer neuen heidnischen Stadt auf den Trümmern Jerusalems begann (geplant als Aelia Capitolina mit einem Jupiter-Tempel an Stelle des jüdischen Tempels), gärte der Aufstand bereits. Schimon Bar Kochba, ein charismatischer jüdischer Führer, trat als Anführer der Rebellen hervor. Manche zeitgenössische jüdische Gelehrte – darunter der berühmte Rabbi Akiva – sahen in Bar Kochba sogar den erwarteten Messias, den „Sohn des Sterns“britannica.com. Von 132 bis 135 n. Chr. gelang es den Aufständischen unter Bar Kochba, weite Teile Judäas zu kontrollieren und eine kurze Zeit lang einen quasi unabhängigen jüdischen Staat zu errichten. Sie prägten eigene Münzen mit der Aufschrift „Jahr 1 der Erlösung Israels“ und „Freiheit Jerusalems“ – ein starkes Symbol ihres Anspruchscommons.wikimedia.org.
Der Bar-Kochba-Aufstand forderte jedoch den vollen Zorn des römischen Imperiums heraus. Hadrian entsandte seine besten Generäle mit verstärkten Legionen nach Judäa, um den Aufruhr endgültig niederzuwerfenbritannica.com. Der römische Feldherr Julius Severus wandte eine Strategie der verbrannten Erde an: systematische Zerstörung von Dörfern und Festungen, Aushungern und Ausräuchern der in Höhlen und Tunnels verschanzten Rebellenbritannica.com. Der Krieg wurde äußerst brutal geführt; die jüdischen Rebellen leisteten verzweifelten Widerstand, zogen sich aber schließlich geschlagen in ihre letzten Festungen (wie Betar nahe Jerusalem) zurück. 135 n. Chr. fiel auch die letzte Bastion und Bar Kochba selbst kam ums Lebenbritannica.com. Die Verluste waren enorm – römische Quellen sprechen von Hunderttausenden getöteten Juden. Judäa war entvölkert und verwüstet; wer von der jüdischen Bevölkerung überlebte, wurde zum großen Teil in die Sklaverei verkauft oder floh ins Exilbritannica.com. Es war ein beispielloses Desaster für das antike Judentum.
Die römische Umbenennung Judäas in „Syria Palaestina“
Nach der Niederschlagung des Bar-Kochba-Aufstandes traf Kaiser Hadrian drastische Maßnahmen, um eine erneute jüdische Erhebung unmöglich zu machen – und um die Verbindung zwischen dem jüdischen Volk und diesem Land zu kappen. Er ließ die Praxis der jüdischen Religion massiv einschränken (angeblich wurde den Juden sogar das Lehren der Thora verboten)britannica.com. Vor allem aber vollzog er eine folgenreiche politische und kulturelle Umbenennung: Im Jahr 135 n. Chr. wurde die Provinz Iudaea offiziell in „Syria Palaestina“ umbenanntjuedische-allgemeine.de. Aus Jerusalem, der heiligen Stadt der Juden, machte er eine römische Kolonie mit dem Namen Aelia Capitolina (zu Ehren seines eigenen Clans „Aelia“ und des Gottes Jupiter Capitolinus)nunu.at. Auf dem Tempelberg, wo einst der jüdische Tempel gestanden hatte, errichtete er einen Jupiter-Tempel, und an der Stelle des Grabes Jesu (Golgotha) entstand ein Venus-Tempelnunu.at. Juden wurde bei Todesstrafe verboten, die neue Stadt Aelia Capitolina zu betretennunu.at – eine zutiefst demütigende Maßnahme. All dies sollte die jüdische Vergangenheit der Stadt und der Provinz auslöschen. Hadrian wünschte, „dass Jerusalem und Judäa für immer vergessen würden“de.wikipedia.org.
Die Wahl des Namens Syria Palaestina war kein Zufall. „Palästina“ knüpfte an die alte geographische Bezeichnung an, die seit Herodot für Teile der Region gebräuchlich warnunu.at. Möglichweise sollte mit dem Begriff, der an die biblischen Erzfeinde der Israeliten – die Philister – erinnerte, bewusst jeder Hinweis auf „Judaea“ (Land der Juden) getilgt werden. Einige Historiker sehen darin einen Akt der Damnatio memoriae, also der Auslöschung des Andenkens an das besiegte jüdische Volkde.wikipedia.org. Andererseits argumentieren manche Forscher wie der britische Archäologe D. M. Jacobson, Hadrian habe mit Syria Palaestina lediglich eine Verwaltungsreform vorgenommen, indem er den Provinznamen an bestehende geographische Begriffe anlehnte – quasi eine „Rationalisierung“ der Namensgebungnunu.at. Tatsächlich wurde Judäa in der römischen Verwaltung mit dem benachbarten Syrien verschmolzen oder zumindest enger verbunden. So oder so: Durch Hadrians Verfügung wurde der Name Palästina erstmals zur offiziellen politischen Bezeichnung für das gesamte Land zwischen Mittelmeer und Jordan, einschließlich Galiläa, Samarien, Idumäa und der Küstenebene.
Die Umbenennung hatte nachhaltige Wirkung. In der Spätantike gliederte die römische Verwaltung das Gebiet zwar nochmals um (es entstanden die Teilprovinzen Palaestina Prima, Secunda und Tertia im 4. Jh.), doch der Name Palaestina blieb erhaltende.wikipedia.org. Auch unter byzantinischer und später islamischer Herrschaft sprach man vom Bezirk Filasṭīn (arabisch für Palästina) – z. B. hieß eine Verwaltungsregion im Kalifat der Umayyaden Dschund Filastin. Der alte Name Judäa geriet hingegen in Vergessenheit. Hadrian hatte sein Ziel erreicht: Die Verbindung der jüdischen Nation zu ihrem Land war zumindest namentlich getilgt. Erst viele Jahrhunderte später, mit der zionistischen Bewegung und der Gründung Israels, kehrte ein jüdischer Staat in dieses Gebiet zurück; doch bis ins 20. Jh. wurde das Land im internationalen Sprachgebrauch vor allem Palästina genannt.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Palästina“ als Begriff eine lange und wechselvolle Geschichte hat. Ursprünglich bezeichnete er das „Land der Philister“ und wurde von griechischen und römischen Geographen für die Küstenregion verwendetnunu.at. Für die einheimischen Judäer der Antike stand dieser Name jedoch nie im Vordergrund – sie verstanden ihre Heimat als das verheißene Land Israel, als Judäa, Galiläa oder schlicht als „das Land“ (Erez Israel). Erst die römische Eroberung und insbesondere Kaiser Hadrians Dekret von 135 n. Chr. machte Palästina zum übergreifenden Namen für die Provinz, ersetzte den Namen Judäa und prägte die Landbezeichnung bis heutejuedische-allgemeine.de. In der Zeit Jesu hätte niemand seine Heimat „Palästina“ genannt – diese Bezeichnung entstand erst später durch fremde Herrschaft. Doch seit der Römerzeit ist „Palästina“ der gängige geografische Name des Landes, unter dem in den letzten zwei Jahrtausenden Juden, Christen und Muslime dort gelebt haben. Die historische Bedeutung des Begriffs liegt somit vor allem darin, dass er ein Fremdname ist, der durch Eroberung und Politik aufgeprägt wurde und der die Schichten der Geschichte spiegelt: von den Philistern über die römische Provinz bis hin zur modernen Verwendung. Indem wir die Entstehung dieses Namens verstehen – von der antiken Geographie bis zur römischen Machtpolitik – erhalten wir einen Schlüssel zum Verständnis der komplexen Geschichte jener Region, die für viele Völker und Religionen als Heiliges Land giltnunu.atde.wikipedia.org.
Quellen: Populärwissenschaftliche Darstellungen und historische Nachschlagewerke, u. a. Johannes Gerloff: Genese des Begriffs Palästina (2021)nunu.atnunu.at, ORF Lexikon der Religionen: Palästina zur Zeit Jesureligion.orf.atreligion.orf.at, Encyclopaedia Britannicabritannica.combritannica.com, sowie Wikipedia und Jüdische Allgemeinejuedische-allgemeine.de, jeweils mit Verweisen auf die genannten Ereignisse.
Quellen

